Die Geschichte hinter dem „Paimio Chair“

Zwischen 1929 und 1933 wurde in Paimio, rund dreißig Kilometer östlich von Turku, ein Sanatorium für Tuberkulosekranke errichtet. Für den Bau und die Einrichtung war der finnische Architekt Alvar Aalto zuständig. Der „Paimio Chair“ ist nur eins der Möbel, das Aalto speziell für diese Einrichtung entwarf.

Paimio (© Artek)

Die Möbelentwürfe von Alvar Aalto (1898 – 1976) entstanden überwiegend in Verbindung mit seinen Bauaufträgen. Er sagte: „Eine Lampe und ein Stuhl sind immer Teil einer Umgebung. Dass sie später auch in eine andere Umgebung passen können, ist eine andere Sache.“ Und so war auch der „Paimio Chair“, der heute unter der Bezeichnung „Armchair 41“ von Artek produziert wird, das Ergebnis eines ganz bestimmten Projektes: Aalto baute zwischen 1929 und 1933 im finnischen Paimio ein Sanatorium für Tuberkulosekranke. Bis in die Vierzigerjahre des 20. Jahrhunderts war die Luftkur bei der hoch ansteckenden bakteriellen Infektionskrankheit die übliche Behandlungsmethode. Bevor schließlich Antibiotika die Therapie veränderten, versuchte man so viele Kranke wie möglich von ihren Familien zu separieren. In speziellen Einrichtungen verbrachten sie viele Stunden am Tag an der frischen Luft.
Die Form des „Paimio Chair“, der wie eine zeitlose elegante Skulptur wirkt, basiert auf der Idee, dass die Kranken in Paimio so sitzen sollten, dass sie möglichst gut und tief einatmen konnten. Auf dem Sitz aus gebogenem Schichtholz war es möglich, mit dem Po weit nach vorne zu rutschen und den Kopf auf dem geschwungenen oberen Ende der Sitzfläche abzulegen. Die leichte Überstreckung des Halses sorgte für den entsprechenden Effekt.
Wenn der heute als Clubsessel interpretierte „Paimio Chair“ also nicht unbedingt ein richtig gemütliches Möbel ist, so erklärt sich sein einzigartiges Design aus der Historie und seinem ursprünglichen Zweck. Die organische Form war Aaltos typischer Stil und er wagte mit dem „Paimio Chair“ gleichzeitig die Realisierung des Freischwingers in Holz: An nur vier Punkten am Rahmen befestigt, scheint der aufgehängte Sitz des „41“ zu schweben und bietet eine erstaunliche Elastizität. Das Gestell, Armlehnen und Beine in einem, ist aus massivem gebogenen Birkenholz, der Sitz aus verformten Birkenschichtholz.

Alvar Aalto hat viele Jahre an einer Verbesserung der Sperrholzbiegetechnik gearbeitet, um Möbel nach seinem Geschmack aus Holz, das es in Finnland ja reichlich gibt, herstellen zu können. Obwohl der Architekt selbst die Stahlrohrmöbel Marcel Breuers schätzte, fand er das Material für das Wohlbefinden kranker Menschen zu kalt. Er hielt Holz, ein ebenso warmes wie vertrautes Material, für geeigneter.

Den „Paimio Chair“ gibt es wahlweise mit einer weißen oder schwarzen Sitzfläche.